Published April 4th, 2024

Trialogische Kontakte in der Stadtentwicklung

Trialogical Contacts in Urban Development

Podcast in German: Tatjana Veith, Sven Macdonald and Dr. Markus Egermann
February 27 2024

In urban development, new forms of governance are constantly being called for in order to develop cities sustainably. In recent years, there has been an increase in cooperation between city makers from organised civil society, urban planners and developers from administrations and researchers – a trialogue rather than just a dialogue. But what exactly does this trialogue look like on the ground? What factors characterise cooperation? And what could and should it look like in the future in order to develop cities in the sense of transformative urban governance? Laura Brings and Agnes Förster discuss these and other questions with Tatjana Veith, Sven Macdonald and Markus Egermann.

In der Stadtentwicklung werden immer wieder neue Formen der Governance gefordert, um Städte nachhaltig zu entwickeln. In den letzten Jahren findet in dem Zuge vermehrt eine Zusammenarbeit zwischen Stadtmachenden aus der organisierten Zivilgesellschaft, Stadtplaner:innen und -entwickler:innen aus Verwaltungen und Forschenden statt – es kommt zum Trialog und nicht mehr nur zum Dialog. Doch wie genau sieht der Trialog vor Ort aus? Welche Faktoren prägen die Zusammenarbeit? Und wie könnte und müsste die Zusammenarbeit vielleicht zukünftig aussehen, um Städte im Sinne einer transformativen urbanen Governance zu entwickeln? Diese und weitere Fragen diskutieren Laura Brings und Agnes Förster im Gespräch mit Tatjana Veith, Sven Macdonald und Markus Egermann.

Müssen wir angesichts der aktuellen städtischen Transformationsaufgaben Stadtentwicklung neu denken? Diese Frage beschäftigt nicht nur uns, sondern auch die Trialog-Partner:innen in unserem Gespräch. Ihre Antwort:  Man muss das Rad nicht neu erfinden, denn es gibt bereits sehr viel, auf dem wir aufbauen können. Helfen können dabei sektorenübergreifende Kooperationen und langfristige Steuerungsansätze. Bei sich ändernden Rahmenbedingungen brauchen wir aber vor allem ein Umdenken in Bezug auf die Rollen und Selbstverständnisse der beteiligten und kooperierenden Akteure. So sollte die Verwaltung mehr gestaltend als verwaltend arbeiten, während die Wissenschaft ihre Umsetzungsmöglichkeiten und Transferkompetenzen stärken sollte.

Und da wird relativ schnell klar – ich spreche hier sowohl aus meiner Erfahrung aus der Stadtverwaltung als auch aus der Wissenschaft heraus – dass die Rollen, die Rollenverständnisse oder das Selbstverständnis, das die unterschiedlichen Akteur:innen innerhalb ihrer Institution oder auch das Selbstverständnis über die jeweilige Institution haben, dass das ein Knackpunkt ist.

Tatjana Veith 02/2024

Bei der Transformation unserer Städte spielt der Trialog zwischen Forschenden, Verwaltungsmitarbeitenden und Stadtmachenden aus der organisierten Zivilgesellschaft bisher in allen drei Städten Dresden, Marburg und Wuppertal eine untergeordnete Rolle. Es gibt weitaus mehr Dialoge als Trialoge. Dabei sind alle Städte mit Universitäten und Forschungsinstituten ausgestattet, die einen Bezug zu Stadtentwicklung haben – Architektur, Geographie, etc. Wie also sieht die bisher stattgefundene trialogische Zusammenarbeit aus? Im Gespräch wird von zumeist projektbasierten und kurzfristig angelegten Kooperationen berichtet. Heute gibt es in allen Städten einzelne Personen, die einen strategischen Trialog anstreben – unter anderem unsere Gesprächspartner:innen.

Die Formate, in denen die drei Akteursgruppen bisher zusammenkommen, sind in allen Städten unterschiedlicher Natur: von informellen Gesprächen und themenbezogenen Stammtischen über formelle Kooperationsvereinbarungen – zumeist zwischen Forschung und Verwaltung – und Beiratsbeteiligungen bis hin zu physischen Räumen in der Stadt.

Wir wissen gar nicht, wer da wie, mit wem und in welchen Zusammenhängen ständig kooperiert. Ich glaube zu beobachten, dass wir in Dresden ganz viele Dialoge erst mal haben. Das heißt, es gibt eine sehr enge Zusammenarbeit auf unterschiedlichen Ebenen zwischen Stadtverwaltung, Stadtpolitik und Wissenschaft.

Markus Egermann 02/2024

Und für unsere Konstellation würde ich es so fassen, dass die Wissenschaft den Schritt nach außen gemacht hat. Der Dialog mit denen, die wir jetzt vielleicht Stadtmacher:innen nennen oder Initiativen, der war so gegeben. Aber dass es zu einem Trialog gekommen ist, das muss man dann schon sagen, das ist der Wissenschaft zu verdanken.

Sven Macdonald 02/2024

Daraus stellt sich im Verlauf der Diskussion die Frage, welche Voraussetzungen eine strategische Zusammenarbeit benötigt. Positive Vorerfahrungen und Vertrauen zwischen den Partner:innen werden betont. Verlässlichkeit und Konstanz stellen zudem wichtige Eckpfeiler einer langfristig angelegten Zusammenarbeit dar. Daneben wird herausgestellt, dass alle Beteiligten die bestehenden Eigenlogiken der jeweils anderen Akteure anerkennen und integrieren müssen. Hierbei beeinflusst allerdings auch das Selbstverständnis der Einzelpersonen in Bezug zur jeweils eigenen Institution die Zusammenarbeit.

Ich will eigentlich auf das Thema Konstanz als Rahmenbedingungen hinaus. Du hattest eben Vertrauen und Verlässlichkeit genannt, man kennt die Partner. Eine Verwaltung steht im Grundsatz sehr stark für Konstanz. Jetzt haben wir aber eben auch über die anderen Personen gesprochen. Auch eine Universität ist konstant, aber sie ist auch sehr von Personen oder Projekten abhängig. Und da findet nach meinem Gefühl mehr Fluktuation statt, als in der Zivilgesellschaft oder in einer Verwaltung.

Sven Macdonald 02/2024

Aber auch physische Begegnungsorte, die informelle Zusammentreffen ermöglichen, scheinen eine Rolle zu spielen. Genauso wichtig ist ein konkreter Anlass wie beispielsweise ein Forschungsprojekt und ein konkreter und dringlicher Bedarf, beispielsweise das Ziel der Klimaneutralität, das von keiner Institution allein gestemmt werden kann, aus dem sich ein „Netzwerk der Willigen“ bilden kann.

Wir haben also einen physischen Raum in der Stadt geschaffen, einen Begegnungsraum für alle Stadtbewohner:innen, aber natürlich auch explizit mit dem Fokus, Wissenschaft in die Stadtgesellschaft zu tragen – und dann kann man als Verwaltungsangestellte, als Politiker:in oder auch als Bürger:in dort teilnehmen. Da finden regelmäßig Veranstaltungen statt. Das wird gut wahrgenommen. Das ist niedrigschwellig.

Markus Egermann 02/2024

Zum Abschluss wird über eine zukünftige strategische Zusammenarbeit im Sinne einer transformativen urbanen Governance diskutiert. Dafür, so die Gesprächspartner:innen, braucht es Reflexionsräume und eine Klärung der Rollenübernahme. Das Experimentieren, welches als Teil der transformativen Governance zu sehen ist, müsste als ergänzender Modus in der Stadtentwicklung anerkannt werden – durch Politik, die Sphären-internen Anreizsysteme aber auch durch Fördermaßnahmen. 

Ich frage mich aber auch, ob nicht dieses reflexive Lernen, wie wir es in diesen kooperativen oder koproduktiven Prozessen praktizieren, ob das nicht den institutionellen Logiken und auch den Rollenverständnissen der einzelnen Institutionen widerspricht.

Tatjana Veith 02/2024

Und da ist der Trialog, wie wir ihn diskutiert haben, eine Form, die dazu beitragen kann, unsere Steuerungsfähigkeit, unsere Gestaltungsmacht einfach zu erhöhen.

Markus Egermann 02/2024

Tatjana Veith ist Projektmitarbeiterin im Fachdienst Umwelt, Klima- und Naturschutz, Fairer Handel bei der Stadt Marburg und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Phillipps Universität Marburg in der Abteilung Nachhaltige Transformationsforschung.

Sven Macdonald leitet die Abteilung Stadtentwicklung in Wuppertal und war zuvor in der Wirtschaftsförderung in Wuppertal tätig

Dr. Markus Egermann leitet den Forschungsbereich Transformative Kapazitäten am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden und sitzt im Vorstand der Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung.