Published September 24th, 2020

Was macht ein gutes Quartier aus?

What really makes a good neighborhood?

Podcast in German: Natalie Schaller, July 7 2020

What are the central functions and properties of quarters that are particularly relevant for the people who live there? How can future residents be involved in neighborhood planning at an early stage? Is there a recipe for success for functioning neighborhoods? The team from What/Next spoke to the architect Natalie Schaller about these and many other questions.

Was sind zentrale Funktionen und Eigenschaften von Quartieren, die für die Bewohner*innen besonders relevant sind? Wie lassen sich zukünftige Bewohner:innen frühzeitig in die Quartiersplanung einbinden? Gibt es ein Erfolgsrezept für funktionierende Nachbarschaften? Über diese und noch viele weitere Fragen hat das Team von What/Next mit der Architektin Natalie Schaller gesprochen.

Sketches from the interview with Natalie Schaller, designed by Angelina Bolten for What/Next 2020

Es ist sehr wichtig, dass ein Quartier sozial gut vorbereitet ist, um dann auch reagieren zu können.

Natalie Schaller 07/2020

Wenn Quartiere geplant werden, stehen die zukünftigen Bewohner*innen meist am Ende der Entwicklungskette – sie bekommen das neue Wohnumfeld und den neuen Wohnraum vorgesetzt. Warum aber nicht schon frühzeitig zukünftige Bewohner*innen beteiligen und mitnehmen? Warum nicht die Betroffenen zu Beteiligten machen? Für Natalie Schaller ist das der Weg, um Orte zu schaffen, mit denen sich Menschen verbunden fühlen und für die sie sich dann gerne engagieren.  Die emotionale und soziale Dimension eines Quartiers müsse in der Planung immer mitgedacht werden, denn Verbundenheit, Vertrautheit und Vernetzung mit dem Nahumfeld seien für eine gelungene Nachbarschaftsentwicklung besonders bedeutsam.

Was aber natürlich sehr wichtig geworden ist in dieser Krise und da legen Wohnprojekte ja immer einen besonderen Wert darauf, ist der individuelle Freiraum, also Balkone, Terrassen.

Natalie Schaller 07/2020

Ich habe gemerkt, dass das Teilen im Wohnen und das Teilen im Arbeiten ein großes Thema für die Zukunft wird – eher kleinteilige, nicht ganz so kommerzielle Infrastruktur mitzudenken.

Natalie Schaller 07/2020

Umnutzung oder Mehrfachnutzung von (öffentlichen) Räumen ist ebenfalls ein wichtiges Thema für Schaller. Wohnräume und öffentliche Freiräume könne man vielfältiger nutzen und für unterschiedliche temporäre Nutzungen öffnen – etwa ein Friseursalon, der abends zum Schreibtisch wird oder Cafés, die in den späten Abendstunden für andere Zwecke gemeinschaftlich genutzt werden können. Die Corona Krise habe gezeigt, wie bedeutsam Räume für das gesellschaftliche Zusammenleben sind. Man müsse wieder stärker bewusst nachfragen: Wie gehen wir mit Freiraum um? Wie können Freiräume zukünftig geplant werden? Was für Freiräume möchten wir?

Wichtige Erkenntnis des Interviews ist, dass Quartiere gebaut werden, aber man mit dem Bauen allein keine sozialen Verhältnisse formen kann. Maßgeblich für ein funktionierendes Quartier ist die Haltung während der Planung desselben: Mit den Bewohner*innen für die Bewohner*innen bauen.  

Natalie Schaller ist Architektin und Geschäftsführerin der stattbau münchen GmbH. Themen: Mitbauzentrale münchen, Quartiersentwicklung, Beratung Kommunen, Wohnprojekte; Schaller berät in der genossenschaftlichen Quartiersentwicklung und in gemeinschaftlichen Wohnformen.